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Warum agiles Arbeiten bei Porsche schon lange Tradition hat



In der heutigen digitalisierten Welt wird sehr oft von der Notwendigkeit berichtet, Geschäfts- und Arbeitsprozesse agil und kundenzentriert auszurichten, um den Anforderungen von Volatilität, Ungewissheit, Komplexität sowie Abiguität Rechnung  zu tragen.

Dass diese Eigenschaften jedoch in vielen Fällen auch bereits in Vergangenheit gelebt worden sind, wird heute oft übersehen. Ich möchte einige Beispiele aus der Tradition der Porsche AG in Stuttgart vorstellen.

  • Die Prototypengarage
  • Mehrwert durch Kombination bekannter Technologien
  • Kundenbedürfnisse ermitteln und befriedigen
  • Umsetzen unkonventioneller Lösungen
  • Änderungen der Anforderungen während dem Projektverlauf eingeplant
  • Kleine Teams auf das Projekt fokussiert

Die Prototypengarage

Aller Anfang einer Unternehmung ist schwer und mit Kompromissen und knappen Ressourcen behaftet. Um trotzdem die Funktion eines neuen Produkts unter Beweis zu stellen, ist die Herstellung eines Minimal Viable Products (MVP) unumgänglich. Das wussten nicht nur Steve Jobs und Steve Wozniak, als sie den ersten Mac in der Garage am 2066 Crist Drive, Los Altos, Kalifornien zusammenlöteten.

Auch Ferdinand Porsche erweiterte sein Konstruktionsbüro in der Stuttgarter Innenstadt um ein "Mechanical Lab", das er kurzerhand in der Garage seiner Villa am Feuerbacher  in Stuttgart umsetzte. Die Zeit drängte, denn der POC seiner drei Volkswagen Prototypfahrzeuge (Typ 32) musste 1934 stattfinden, um weitere Serienaufträge des Reichsverbands der deutschen Automobilindustrie zu bekommen und das Projekt "Volkswagen" fortsetzen zu können.

Garagen der Porsche Villa in Stuttgart, /1/

Nach heutigen Massstäben ist es nahezu unvorstellbar, wie in der Enge einer Doppelgarage die zugelieferten Karosserien mit den Motoren und Plattformrahmen bei laufendem Versuchsbetrieb zu respektabel funktionierenden Versuchsträgern für zukünftige KdF-Wagen montiert werden konnten. Das war frühe Startup-Atmosphäre pur.

Die logische Fortführung der Garage am Feuerbacher Weg ist seit Beginn der 1970er Jahre das Entwicklungszentrum der Porsche AG in Weissach.


Mehrwert durch Kombination bekannter Technologien

"Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen."
Dieser Satz bringt alles auf den Punkt, was Porsche ausmacht. Als Marke und auch als Unternehmen. Er ist  seit Beginn an der Fixstern, der die Werte beschreibt und die Fahrzeuge prägt. Formuliert hat ihn niemand geringerer als der Schöpfer des ersten Sportwagens mit dem Namen Porsche: Ferdinand Anton Ernst Porsche – genannt Ferry. 
Möglich wurde dieser Traum in der durch Mangel geprägten Nachkriegszeit nur durch die intelligente Kombination von teilweise vorhandenen Technologien:
  • Bekanntes Fahrzeug-Grundkonzept, verfeinert um einen sportlichen Mittelmotor (Porsche Nr. 1)
  • 4 Zylinder Boxermotor, leistungsgesteigert, aus dem Volkswagen Projekt
  • Nutzung von Aluminium für die Karosserie aus dem damals verbotenen Flugzeugbau
  • Konzeptgleiche Aggregate, Achsen, Lenkung, Bremsen wie beim Volkswagen Käfer
Porsche 956/2 in Gmünd (Kärnten) 1948, /1/

Dennoch war es möglich, unter geringen Nutzungseinschränkungen und konsequenten Zuschnitt auf Sportlichkeit ein völlig neues Fahrzeug zu erschaffen, das aufgrund seiner aerodynamischen Eigenschaften und seiner ausgefeilten Abstimmung mit wenig Leistungserhöhung des Motors in neue Fahrleistungsregionen vorstoßen konnte und damit einen exklusiven Käuferkreis angesprochen hat.

Spezielle Kundenbedürfnisse ermitteln und befriedigen
Um besonders flexibel und spezifisch auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können, die über die Möglichkeiten einer Serienfertigung hinausgehen, hat Porsche bereits in den 1970er Jahren die Abteilung Sonderbau gegründet, aus der die heutige Porsche Exclusive hervorgegangen ist.
Einige ambitionierte Sportfahrer sind auf die Marke zugekommen, um ihrem straßentauglichen Porsche 911 zu mehr Rennsport-Look zu verhelfen. In der damaligen Zeit waren die Tourenwagen der Gruppe 5 sehr beliebt. Porsche und seine Motorsportkunden fuhren sehr viele Rennerfolge mit dem Typ 935 ein. Dieses Fahrzeug besaß eine abgesenkte, aerodynamische Front, die die markanten Scheinwerfer in der Frontschürze trug. Das Exclusive Programm trug diesem Trend Rechnung und bot auf Anfrage eine "Flachbau-Ausführung" des 911 und 911 turbo an - natürlich gegen fürstliche Bezahlung.

Porsche 911 turbo Flachbau Generation 1 am Werk 1 in Zuffenhausen (ca. 1980), /1/
Der 911 Flachbau der ersten Generation ist aus heutiger Sicht ein Nischenprodukt, hat jedoch die Anmutung von Sportwagen bis in der 1980er Jahre beeinflusst, z.B. durch die Klappscheinwerfer der 2. Generation.

Werks-Flachbau Instandsetzung, /2/

Umsetzen unkonventioneller Lösungen

It' not a trick it's a feature! So könnte man es bezeichnen, wenn technologische Notwendigkeiten eigentlich auf die Streichliste gehören, jedoch durch mutige Entscheidungen es schaffen vor Kunde umgesetzt zu werden. Davon finden sich einige bei Porsche.

Ein Beispiel, um bei dem oben genannten Porsche 911 turbo Fahrzeug des internen Typs 930 zu bleiben, ist der anfangs kurios anmutende Heckflügel.

Porsche 911 turbo 3.3l (Typ 930), /3/

Manche bezeichnen in schamlos als "Biertheke", andere sehen darin Rennsport-Gene des Typs 911 RSR. Auf alle Fälle gab es wohl keinen anderen Weg, um den Ladeluftkühler über dem Motor des 911 Turbo unterzubringen. Also wurde aus einer etwas unschönen Notwendigkeit ein Symbol für Performance und das Fahrzeug konnte in Serie gehen.

 Porsche 911 turbo 3.3l (Typ 930), /4/



Änderungen an Anforderungen während Projektverlauf zugelassen

In der traditionellen Welt der Planung ist das Projektergebnis über Leistungsbeschreibung, Zeit- und Budgetplan exakt beschrieben und wird durch diverse Controllingmaßnahmen penibel eingehalten. Aber wie war das zu Beginn der 1970er Jahre mit dem Nachfolger des Volkswagen Karmann Ghia? Er wurde als Entwicklungsprojekt von VW bei Porsche beauftragt.  

Porsche 924 (1976), /5/

Es handelte sich um das Projekt EA425, einem 2+2 sitzigen Sportwagen mit Volkswagen und Audi Technik. Nach Abkündigung durch den Volkswagen Vorstand hat sich Porsche kurzerhand "agil" entschieden, das Modell als Porsche 924 selbst zu Ende zu entwickeln und zu vermarkten. Diese mutige Entscheidung hat im Nachhinein zu einem Markterfolgt der Baureihenfamilie 924/944/968 besonders in den USA geführt.


Kleine Teams - auf das Projekt fokussiert

Trotz der Fokussierung auf alltagstaugliche Sportwagen vom Schlage eines Porsche 911 Carrera und dem Angebot der "nützlichen" SUV Baureihen Macan und Cayenne setzt Porsche von Zeit zu Zeit auf Leuchtturmprojekte im Supersportwagen-Segment. Beispiele sind der Porsche 959, Porsche 911 GT1, Carrera GT oder zuletzt der Porsche 918 Spyder.

Einige Entwicklungen zeigen eine besondere Nähe zum Motorsport, wie z.B. der Porsche 911 GT Ende der 1990er Jahre. Dieses Fahrzeug war Basis der Motorsport-Homologation für die Teilnahme in der GT1-Klasse und wurde konsequenterweise auch im Bereich Motorsport entwickelt - eben "made in Flacht".

Dass diese kleinen Teams mit Motorsporterfahrung schlagkräftig Serienfahrzeuge entwicklen und zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen können wurde mit dem Projekt 918 Spyder eindrucksvoll gezeigt. Trotz komplexer Technologie (Hybridantrieb, elektrische Fahrmodi, hoher Vernetzungsgrad, Kohlefaser-Einsatz, elektronisches Bedien- und Anzeigekonzept usw.) konnte die Mannschaft unter Nutzung des Know-Hows der Serienentwicklungsbereiche und er Produktion in Leipzig die Aufgabe bewältigen, ein vollauf kundentaugliches Fahrzeug in einer Stückzahl größer 1000 Einheiten auf die Beine zu stellen.

Porsche 918 Spyder, Rekordfahrt Nürburgring, /1/


Porsche hat als Unternehmen ein großes Potenzial, in der Zukunft zu bestehen, wenn es gelingt, die Tugenden der Vergangenheit und die Tradition als "kleiner unter den großen" mit neuem Leben zu erfüllen. Pioniergeist, Agilität und Kreativität sind die Werte, mit denen die Herausforderungen auf den Gebieten der Mobilität der Zukunft gemeistert werden können.

Quellenangaben:
/1/ Porsche AG
/2/ Porsche AG, Foto Porsche Classic
/3/ Porsche AG, Betriebssportgruppe Fotografie, 2011
/4/ Foto Uwe Reuter
/5/ Porsche Newsroom


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